Am Morgen liess es sich der Hotelmanager nicht nehmen, uns als Markenbotschafter für sein Hotel abzulichten – verstehen wir, denn offenbar ist er im Winter jeweils einige Wochen fest gebucht von Alpinistengruppen aus den USA und Europa, die dann diese perfekten Himalayahänge unsicher machen.
Zudem schärfte uns der Hotelmanager mindestens ein Dutzend Mal ein, dass wir unbedingt in Keylong noch auftanken und auch unseren Kanister auffüllen müssten , weil ab hier bis Leh (ca 400Km) gäbe es keine Tankstelle mehr. Ganz ehrlich nach der zweistündigen Tankstellensuche am Vortag haben wir uns natürlich schon bei der Einfahrt nach Keylong gemerkt, wo die nächste Indian Oil Tränke ist!
Allerdings überkam Jimbo beim Warten auf den Auffülldienst (wie bei so vielem in Indien ist auch beim Tanken do it yourself nicht möglich – irgendwie auch verständlich beisst sich hier doch das Bedürfnis viele Leute zu beschäftigen mit unseren westlichen Vorstellungen von Effizienz) – jedenfalls wurde Jimbo ganz rastlos und tigerte in der Tankstellenperipherie herum bis er plötzlich mit dem Pickel im Anschlag zurückkehrte.
Dr D erstarrte – hatte Jimbo etwa doch die Höhenkrankheit gekriegt? Zuviele Bends die Hirnwindungen verbogen oder was war los – nun Jimbo wollte ganz einfach den Makel der seit Amritsar eingedellten Stosstange beseitigen und suchte nach Werkzeug – was für einmal etwas an Dr D vorbeiging, hatte er doch seit über 12 Jahren mit dem Makel leben müssen bei der letzten Rickshaw in Goa an einem Strassenkaffe das Verdeckgestänge leicht modifiziert zu haben. Man merke Rickshaw pimping contest Dr D vs Jimbo = 1:1. Sichtlich erleichtert ob der geglückten Karosserieentbeulungsaktion nahm Jimbo dann den Reservekanister entgegen und wir konstatieren, dass Indian Oil ihr Branding mit bemerkenswerter Konsequenz durchzieht – da ist alles, sogar das Benzin Orange!
Vor dem Tuck off dann noch ein gute Reise Föteli mit dem von der Rickshaw und unseren neat dresses beeindruckten Truck Driver nebenan und los gings.
Wie üblich – vorbei an Bergtälern, die wir auch zu hause hätten fötelen können – einfach nicht auf der Höhe, aber wer kann schon aus einem Foto die Höhe ableiten?
Immer getreu dem Motto treat the bend as your friend!
Wir bemerken – the grass grows greener – die Frage ist bloss wo, schön ist es immer wieder.
Und überhaupt ist es hier im Norden Indiens nicht nur schön, sondern auch recht geordnet – die numerierten Shops in Manali haben wir ja schon gezeigt – hier weiter oben sind dann sogar die Berge angeschrieben – dieser hier heisst All-will-Wait – wir finden ein durchaus plausibler Name für einen Berg und auch eine Ermahnung an den Kollegen Musk mit seinen hirnrissigen Ideen das All bereisen und den Mars bevölkern zu wollen! Da müssen wir ihn doch eindringlich mal auffordern, ein bisschen durch Indien (immerhin glaubs die bevölkerungsreichste Nation der Erde) zu tucken und selbst zu sehen, wie viele unbevölkerte Landstriche es da noch gibt, ergo das All kann warten! Q.E.D.
Wir schraubten uns – manchmal muss man das – der Strömung entgegen in die Höhe, die Vegetation wurde spärlicher und doch liegt genau darin der Reiz
diese unbeschreibliche Schönheit des Minimalismus – also jetzt nicht im Sinne von einfach jeden Tag rumzuhängen, sondern zu bewundern wie die Gesteine (Rock n Roll) den Pflanzen den Marsch blasen und sich gleichzeitig zu einer Farbenvielfalt aufschwingen, die man ihnen eigentlich nie zutrauen würde.
Wir können uns immer noch kaum satt sehen!
Dazwischen natürlich immer wieder Tuck-Holteri-Di-Polter – ohne Dauerbaustellen wären diese Strassen nicht befahrbar und wir ziehen den Hut
vor all diesem Arbeitern, die mit teils relativ rustikalem Gerät jeden Saison von neuem die Strassen instand stellen dürfen
wobei sich die harten Arbeitsbedingungen auch direkt in ebenso harten Unterkünften wiederfinden. Definitiv kein Job für Weicheier, wobei – gelebte Diversity – mindestens die Hälfte der Arbeiterschaft jeweils auch aus Frauen besteht.
und Kindern
Und all das nur, damit ein paar Touris
sich in der schönen Bergwelt die Bäuche vollschlagen können? Nein – natürlich nicht – aber zu den handfesteren Interessen an der Bergwelt später mehr!
Jedenfalls gestaltete sich die Anfahrt auf die höchsten Himalayapässe äusserst spektakulär.
Bildern, wegen denen wir ja hierher gekommen waren
immer wieder durchsetzt von Anblicken die uns aus der Schweiz jetzt auch nicht gänzlich unvertraut sind, auch wenn bei uns natürlich Ordnung herrscht und die Schafe gefälligst auf der Weide zu bleiben haben.
Andere Kompositionen wiederum sind schlicht einmalig
und so tuckten wir kurzweilig in Sarchu ein, wo es auch schon zwei andere Tucks hin verschlagen hatte. Also kurz etwas Small Talk und einen kurzen Lunch geordert als schon die nächsten Touris, diesmal die Wandervögel-Spezies angeschuht kam. Stellte sich heraus, dass die zu dritt waren und nach Leh trekken wollten – sportlich ziehen wir den Hut – eine echte Challenge – andererseits denken wir, dass es mental noch viel härter ist, denn wenn schon das Tucken durch die ewigen Berge welche immer grösser sind und die nie näher kommen wollen, eine extreme mentale Härte und Fokus erfordert, wie ist das dann nur beim Wandern, wenn es ja wirklich nicht vorwärts geht?
Immerhin war Sarchu gut eingerichtet und es gab sogar ein properes WC mit Spülung – das ist jetzt nicht zynisch gemeint – sondern durchaus beeindruckt, weil offenbar im ganzen Himalaya Gebiet das Thema haltet die Umwelt sauber einiges stärker verkankert ist als an anderen Orten in Indien.
Weiter gings
Zeitweise sogar an einem See entlang, was dann die irrwitzigen Fels-Farb-Himmel-Erde-Wasserkompositionen aufgrund der Spiegelungen schon fast rauschhafte steigerte!
Irgendwann gings dann auch in die Höhe ein Schild zeigte die berüchtigten Gata Loops an 21 Stück – kann ja nicht so schlimm sein? Wobei wir dann doch ins Grübeln kamen, weshalb sich diese Lastwagen dermassen aneinander kuscheln wollten?
So schlimm sahen diese Spitzkehren jetzt nicht aus – also eng schon – kreuzen schwierig aber – come on!
Yep und da kam sie die militarisierte 457ste Indische Bergbrigade oder so ähnlich. Die durften wir natürlich nicht fötelen, aber die waren ja auch noch zusätzlich getarnt unterwegs – wie an den Aufklebern auf der Windschutzscheibe erkenntlich hatten die nämlich auch noch zusätzliche Zivilfahrzeuge für
den Truppentransport requiriert!
Und so blieb auch uns dann nichts anders übrig als zu bewarten, bevor die Karawane vorüber gezogen war.
Was etwas dauerte, hatten offenbar auch alle Durst
Jedenfalls waren nicht alle so geduldig und/oder hatten Parsis-Daker Gene, jedenfalls donnerte dazwischen auch mal ein Local Trucker einfach die Abkürzung quer den Berg hinunter, dabei adrett die Hinterbeine lupfend – uns wurde Angst und Bange und Dr D erklärte dann Jimbo, weshalb ein Porsche Cayenne eine Bergabfahrautomatik hat und weshalb das auf den ersten Blick zwar etwas unmännlich erscheint (worauf Jimbo einwand, dass der Cayenne ja durchaus gerne auch von Frauen pilotiert würde – auch wieder recht) – jedenfalls diese Anti-Macho-Automatik einen grossen Sinn hätte, weil dann nämlich das Fahrzeug nicht mehr mit allen vieren bremst, sondern immer diagonal vorne links – hinten rechts und vorne rechts – hinten links, weshalb es gleichzeitg bremsen und lenken kann, auch wenn’s mal rutschig wird – wir spekulieren mal, dass dieser LKW Driver diese Diagonalbremsung auch hätte gebrauchen können – zum guten Glück hat er’s aber trotzdem heil runter geschafft.
Und wir rauf – Gata Loops – checked – mal wieder einen 4000er bezwungen!
Da kommt doch gleich schon euphorische Stimmung auf,
wobei Dr D etwas im falschen Song (fly like an eagle – aber das war ja gestern) war
Doch schon bald wurden wir wieder an die harte, grausame und unerbittliche Wahrheit der Strasse erinnert
nämlich verlasse sie nicht!
Auch wenn das einfacher gesagt als getan ist, weil gerade mit den LKW sind eigentlich alle Strassen immer schmal und anders als wir Vergnügungfahrer haben die ja auch noch einen Transportauftrag auf Zeit zu erfüllen…
Im Zweifelsfall gilt daher: hinter her tucken…
Weil auch so gelangt man irgendwann auf den nächsten Pass
und wieder runter
Gerade solche Pfützen sind nicht zu unterschätzen, denn
anders als die grossen Kollegen mit ihren amtlichen Reifen in Rickshaw-Höhe, lassen uns unsere Einkaufswägelirädli jeden grösseren Kieselstein als freudiges vibrieren im Steissbein erleben und unter solchen Pfützen verbergen sich für die kleinen Rädli manchmal Schlaglöcher, dass mein ein ganzes Nessie drin verstecken könnte.
Und so gings gemütlich nach Pang hinunter
das Dorf heisst tatsächlich so und ist in Tucker Kreisen weltberühmt wegen dieses Felsens, bei welchem man, wenn man die Perspektive richtig wählt, beim Bildbetrachter den Eindruck erweckt, das wäre jetzt quasi ein bloss Fussgängern vorbehaltenes schmales Felsband über welches sich trotzdem Lastwagen etc durchquetschen würden und auf den Seiten ginge es hunderte von Metern den Abhang runter.
Ganz ehrlich – alles Manipulation und Einbildung, an der Stelle können auch zwei Lastwagen kreuzen und runter gehts – wobei es a) das ja immer tut und b) es überall schlecht fährt, wenn man die Strasse verlässt – ungefährliche Strassenabschnitte gibt es hier im Himalaya wohl nur wenige.
Aber dafür wird man immer wieder mit Naturschönheiten belohnt
und so liefen wir müde, aber zufrieden in Pang ein, wo wir auch ein tipptoppes Zimmer für die Nacht fanden. Dazu noch eine Portion Daal mit Reis, eine Abendzigarre mit einem Schluck Rum – viel braucht es nicht um auch auf 4500 Metern über Meer zufrieden ins Bett sinken zu können! Ganz allen erging es nicht so glimpflich, ein Team hat wegen Höhenbeschwerden mal mit der Überquerung des Taglang La (5328 Meter) mal erst noch einen Tag abgewartet zwecks Aklimatisation – hier scheint es schon, dass unsere Vorbereitungsmassnahmen sich bewährt haben – gute Nacht!
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